Familie Löwenstein
Ölmühlweg 5

Ferdinand, genannt Feist, Löwenstein wurde am 11.8.1858 in Langendernbach geboren. Als er am 20.10.1936, im Alter von 78 Jahren, zusammen mit seinem Sohn Albert nach Königstein kam, war er bereits Witwer. Seine Frau Rosa (geb. Steinberg) war verstorben.

Gelebt hatten sie davor in Esch. Esch war ein Teil der jüdischen Gemeinde Idstein die bis Ende der dreißiger Jahre bestand. Feist Löwenstein gehörte immer wieder zu den Vorstehern der Gemeinde. Die Synagoge der Gemeinde stand in Idstein. Die Familie hatte eine kleine Landwirtschaft und Feist war Viehhändler. Seine Geschäfte übertrug er 1934 auf den Namen seines in Esch geborenen Sohnes Albert (25.3.1902).

Mehr als die Hälfte der ca. 40.000 deutschen Viehhändler waren 1917 noch Juden. Lange Zeit wurden ihnen handwerkliche Berufe verwehrt. So blieb vielen Juden nur der Handel. Es zählt der Viehhandel zu den ältesten Geschäftsfeldern von Juden in Mitteleuropa. Der spätere Bürgermeister von Esch, Willy Moog, beschrieb 1957 das Geschäft des Viehhändlers Feist Löwenstein bis 1933 als „sehr gut“. Er hatte acht Jahre neben ihm auf der Schulbank gesessen und war ein sehr guter Freund von Albert. Seine Brüder David und Hugo Löwenstein betrieben ebenfalls einen Viehhandel in Idstein. Seine Schwester Selma war mit dem Viehhändler Louis Kahn in Hausen verheiratet.

Aufgrund antisemitischer Umtriebe, wie Albert schrieb, verließ er 1936 mit seinem Vater Esch und sie gingen nach Königstein. Albert Löwenstein kaufte ein Grundstück mit Haus im Ölmühlweg 5. Kurz nach dem Einzug wurde ihnen jedoch der Gewerbeschein entzogen und damit die Grundlage ihres Geschäftes genommen. Der Viehhandel musste noch 1936 wieder eingestellt werden. Feist Löwenstein und sein Sohn Albert entschlossen sich 1938 in die USA zu emigrieren. Das Grundstück wurde wieder verkauft und ein Auslandsreisepass beantragt. Im Zusammenhang mit dem Novemberpogrom 1938 wurde Albert am 11. November 1938, im Ölmühlweg 5 verhaftet und im Konzentrationslager Buchenwald interniert. Am 11. Dezember wurde er wieder entlassen. Die Genehmigung für die Ausstellung eines Auslandsreisepasses zwecks Auswanderung erhielt er kurze Zeit später, am 22. Dezember. Sein Vater hatte schon die Genehmigung. Sie emigrierten am 26. Januar 1939 von Hamburg aus mit dem Dampfer „Hamburg“ nach New York. Im Februar 1955 stellte Albert Löwenstein einen Antrag auf Grund des Bundesentschädigungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der national-sozialistischen Verfolgung. Er lebte zu dem Zeitpunkt in Windsor im Bundesstaat Connecticut in den USA. Seine beiden Brüder aus Idstein konnten ebenfalls in die USA emigrieren. Seine Schwester und sein Schwager wurden im Konzentrationslager ermordet.

Text: Christian Reichardt